Verband der Geschäftsmieter
Kündigung zur Sanierung / Die Schweiz im Baufieber
Die Immobilienmärkte boomen. Es wird gebaut und saniert wie nie zuvor; dies nicht nur zur Freude der Geschäftsmieter. Günstige Flächen werden gekündigt, der Grund: Sanierung. Neue Urteile präzisieren die Rechtsprechung zur Sanierungskündigung.
Leerkündigung wegen Sanierung - Bisherige Praxis
Das Bundesgericht entschied vor zwei
Jahren in einem vielbeachteten Entscheid (mp 1/09, S. 43): Eine Kündigung
zwecks Sanierung ist grundsätzlich nicht missbräuchlich, selbst wenn
der Mieter die Arbeiten dulden würde. Der Entscheid, ob die Sanierung bei
vermieteter oder leerstehender Liegenschaft durchgeführt wird, steht einzig
dem Vermieter zu. Missbräuchlich ist eine solche Kündigung nur dann,
wenn die angekündigten Arbeiten durch den Verbleib der Mieter nicht oder
nur unerheblich erschwert oder verzögert würden.
Drei neue Urteile
In neuen Entscheiden präzisiert das Bundesgericht die Voraussetzungen
für die Sanierungskündigung.
a) BGE vom 11.11.2009 (MRA
5/09, S. 182)
Das Kündigungsinteresse des Vermieters muss aktuell
und konkret sein. Fehlen Baugesuch und Baugenehmigung, so liegt unter Umständen
eine verpönte Vorratskündigung vor. Denn stehen die Auswirkungen der
Arbeiten auf das Mietobjekt noch nicht fest, ist auch der schutzwürdige Kündigungsgrund
(Erschwerung und Verzögerung der Arbeiten durch den Verbleib der Mieter)
nicht nachgewiesen.
b) BGE vom 9.12.2009 (mp 2/10, S. 134)
Eine
Sanierungskündigung wurde für ungültig erklärt, weil der betroffene
Mieter angeboten hatte, das Mietobjekt während der geplanten Sanierung vorübergehend
zu verlassen. Vor einer Kündigung ist also geschützt, wer die Möglichkeit
hat, den Sanierungsarbeiten auszuweichen. Der Mieter, dem dies nicht möglich
ist, kann die Kündigung dagegen kaum erfolgreich anfechten.
c)
BGE vom 1.7.2010 (4A_227/2010)
Voraussetzung für eine gültige
Kündigung ist eine umfassende Sanierung. Ausnahmsweise ist dies auch bei
Teilarbeiten (Einbau eines Lifts) zulässig, sofern Flächen gekündigter
Mieter betroffen sind, der Verbleib der Mieter solche Arbeiten erschwert und allen
betroffenen Mietern gekündigt wird.
Tipps
- Verlangen Sie eine genaue Darlegung des Kündigungsgrundes. Absichtserklärungen des Vermieters genügen kaum.
- Kündigungsanfechtung immer mit Gesuch um Erstreckung verbinden. Dabei muss die Dringlichkeit der Sanierung hinterfragt werden.
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Mit
freundlichen Grüssen
Verband der Geschäftsmieter
Dr. Armin Zucker