Verband der Geschäftsmieter
Aus für das
Covid-19-Geschäftsmietegesetz
Nationalrat lässt das Gewerbe im Stich
Die Hoffnung auf gesetzlichen Mietzinserlass für Betriebe, die im Frühling wegen der Pandemie schliessen mussten, hat sich zerschlagen. Mit 99 zu 87 Stimmen lehnte der Nationalrat gestern das Geschäftsmietegesetz ab. Das Gesetz sah eine Mietreduktion für den knapp zweimonatigen Lockdown im Frühjahr vor. Selbst die Reduktion des Erlasses von 60 % auf 50 % konnte das Gesetz nicht retten. FDP, SVP und Teile der CVP stellten sich in den Dienst der Immobilienlobby und lassen die Selbstständigerwerbenden und das Gewerbe im Regen stehen. Dabei ging es um weniger als 1.6 % der Jahreseinkünfte der Eigentümer. Falls der Ständerat am Mittwoch wie erwartet nicht auf die Vorlage eintritt, ist das Projekt gescheitert.
Einigungen dank der Vorlage
Vor der Lancierung des Gesetzesentwurfes waren bloss 10 % der Vermieter zu einer Mietreduk- tion bereit. Die Gutheissung des Gesetzesprojektes durch das Parlament im Juni 2020 löste ei- nen Ruck bei den Eigentümern aus. Die Verhandlungsbereitschaft der Vermieter nahm dank der Vorlage zu. Immerhin bei einem Drittel der zwangsgeschlossenen Geschäftsmieter konnte eine gütliche Einigung erzielt werden. Diese Einigungen bleiben gültig und sind vom Scheitern des Gesetzes nicht betroffen.
Kantonale Regelungen
In der Westschweiz, Basel und Solothurn existieren kantonale Regelungen. Sie beinhalten Bei- träge der öffentlichen Hand zwischen einem Viertel bis zu einem Drittel der geschuldeten Miet- kosten. Doch im Grossteil der Schweiz fehlt es an kantonalen Lösungen. Nicht zuletzt, weil be- sonders die Hauseigentümerverbände, die in der Deutschschweiz politisch einflussreich sind, Kompromisse ablehnen und auf volle Mietzahlung pochen. Zu hinterfragen ist, wieso Kantone einspringen müssen, um den Vermietern die Rendite zu sichern. Damit finanziert die Allgemein- heit private Gewinne.
Entscheid durch die Gerichte
Zwei Drittel der betroffenen Betriebe stehen weiterhin ohne Lösung mit dem Vermieter da. Bis- her warteten wir auf die vom Parlament zugesagte gesetzliche Lösung. Nun wird der Streit um Mieterlasse im Einzelfall von den Gerichten entschieden. Mitglieder des Verbandes der Ge- schäftsmieter reichten bereits Klagen ein. Auch GastroSuisse gab bekannt, man werde die Mit- glieder beraten und mit juristischem Know-how unterstützen. Der Mieterverband, der schon erste Verfahren angestrengt hat, will das Gleiche tun. Der Verband der Geschäftsmieter wird sich fort- laufend mit diesen Verbänden austauschen, insbesondere um seine Mitglieder über erste Leit- entscheide zu orientieren. In den Verfahren, die bereits hängig sind, wurden bisher kaum Urteile gefällt. Eines aus dem Kanton Luzern ist bekannt: Dort kam ein Schiedsgericht zum Schluss, dass die Betreiber eines Restaurants Anspruch auf 60 %Mietzinsreduktion haben. Beide Parteien akzeptierten das Urteil. Dies zeigt, dass die Aussichten für die Geschäftsmieter auf dem rechtlichen Weg gut stehen. Oftmals einigen sich die Parteien im Verlaufe des Prozesses. Am Ende wird das Bundesgericht entscheiden müssen.
Tipps:
- Wer noch über genügende finanzielle Mittel verfügt und seinen Standort behalten will, soll Mietausstände bezahlen, wenn er mit der Kündigung wegen Zahlungsverzug oder der Betreibung bedroht wird. Mietzahlungen haben unter dem Vorbehalt der Rückforderung bzw. der späteren Verrechnung zu erfolgen. Zuviel bezahlte Mieten sind alsdann mit Klage zurück zu fordern.
- Mieter und Vermieter können auch vereinbaren, den Ausgang erster Prozesse oder gar eines Bundesgerichtsurteils abzuwarten. Auch hier sollte der Mieter – wenn er vorläufig bezahlt – den Vorbehalt der Rückforderung nachweisbar mitteilen. Erste Urteile sind aber nicht vor Herbst 2021 zu erwarten.
- Wer in Liquiditätsnot gerät und die Miete nicht mehr zu bezahlen vermag, kann Verrechnung mit Herabsetzungsansprüchen erklären. Damit riskiert der Mieter die Zahlungsverzugskündigung und Betreibung. Ob eine solche Kündigung im jetzigen Kontext rechtens ist, hängt davon ab, ob der Mietzins im abgemahnten Umfang überhaupt geschuldet ist. Gleiches gilt für das sogenannte Rechtsöffnungsverfahren, welches der Betreibung folgt. Die Chancen für die Mieter sind intakt, dass die Vermieter sowohl mit der Ausweisung wie auch mit der Betreibung scheitern und dann den langwierigen ordentlichen Prozessweg beschreiten müssen. Mieter sollten sich bei einer Zahlungsver- zugskündigung und Betreibung unbedingt juristischen Rat einholen.
- Mehr Informationen finden Sie in unseren Merkblättern auf www.geschaeftsmieter.org.
Noch Fragen? Profitieren Sie von unserem Beratungsservice – für Mitglieder kostenlos!
E-Mail: Info@Geschaeftsmieter.org, www.geschaeftsmieter.org