Verband der Geschäftsmieter
Zweiter Lockdown –
was Geschäftsmieter jetzt wissen müssen
Ist die Miete im zweiten Lockdown geschuldet?
Viele Vermieter sind derzeit weniger denn je bereit, dem Gewerbe bei der Miete entgegen zu kommen. Erstaunlich, besteht doch rechtlich dieselbe Situation wie im ersten Lockdown. Der Mieter hat bei Störung des vertragsgemässen Gebrauchs der Mietsache Anspruch auf Herabsetzung der Miete. So steht es im Gesetz. Dieser Anspruch besteht auch, wenn der Vermieter die Störung nicht zu verantworten hat. Das Bundesgericht hat diese Grundsätze mehrfach bestätigt. Geschäftsmieter haben somit das Gesetz und die Rechtsprechung auf ihrer Seite. Ob dies auch in der Covid-Krise gilt, ist aber offen. Die Meinungen der Experten gehen auseinander. Eine Antwort wird es erst durch Gerichtsurteile geben. Immerhin, ein Schiedsgericht in Luzern sprach im ersten Lockdown für Restaurantflächen 80% Herabsetzung zu (unter Einbezug von Büros und Lager waren es schliesslich 60% Herabsetzung).
Maximal 30% Miete bezahlen
Ist das Mietobjekt wegen behördlicher Schliessung nicht benutzbar, so entfällt die Mietzahlungspflicht vollständig. Ist eine Teilnutzung möglich, z.B. Take-away, Lager, Büro etc., so ist diese zu berücksichtigen. Je nach Sachlage sollte die Mietzinsherabsetzung im Lockdown bei 60-90% liegen. 70% Herabsetzung im Lockdown erscheinen uns als angemessene Richtschnur für private Einigungen, d.h. bis zur Übereinkunft mit dem Vermieter sollen max. 30% der Nettomiete bezahlt werden sowie die Nebenkosten.
Damoklesschwert Kündigungsandrohung und Betreibung
Den Mietzins nicht vollständig zu zahlen, birgt Risiken, denn dies kann zu einer vorzeitigen Kündigung und Betreibung führen. Doch solche Verfahren bergen auch für den Vermieter Gefahren. Denn der Mieter darf seine Herabsetzungsforderung mit laufenden Mieten verrechnen bzw. die Miete entsprechend herabsetzen. Dadurch sind Kündigung und Ausweisung ebenso in Frage gestellt wie die Betreibung. Der Vermieter riskiert lange Prozesse in der unvorteilhaften Klägerrolle. Er muss seine Klage begründen und hat einen Kostenvorschuss zu leisten. Kein Zufall also, dass unnachgiebige Vermieter zwar oft mit der Kündigung drohen, diese aber nicht aussprechen oder nicht vollstrecken.
Oder doch die volle Miete zahlen?
Wer kein Kündigungsrisiko eingehen will, sollte die volle Miete zahlen und dem Vermieter gegenüber per Einschreiben mitteilen, dass er sich die Rückforderung des Mietzinses vorbehält. Unterlässt er diesen Vorbehalt, kann der Vermieter evtl. darauf vertrauen, dass keine Rückforderung geltend gemacht wird. Die ersten Prozesse um Mietrückerstattung wurden bereits eingeleitet. Die Vermieter zeigen in der Regel aber wenig Interesse an einer aussergerichtlichen Lösung, denn das Geld ist ja bereits in ihrer Tasche. Bislang liegen noch nicht einmal erstinstanzliche Urteile vor und bis zum Verdikt des Bundesgerichts wird es noch lange dauern.
Recht auf Mietzinsreduktion trotz Härtefallgeld
Etliche Vermieter verweigern die Mietherabsetzung im zweiten Lockdown mit Hinweis auf die Härtefallhilfe. Die Argumentation ist schlicht falsch. Der Zweck des Härtefallprogramms besteht darin, das Überleben der Betroffenen in der zweiten Welle sicherzustellen. Mit den Härtefallgeldern sind fixe Kosten zu bezahlen, die mit Sicherheit geschuldet sind wie etwa Steuern, Sozialabgaben, Versicherungen, Bankzinsen. Es ist nicht sinnvoll, mit der Härtefallhilfe eine strittige Schuld zu bezahlen. Im Übrigen berechnen sich die Härtefallgelder nicht nach den Fixkosten, sondern sie sind auf 20% des Umsatzes, max. CHF 750'000 pro Unternehmen limitiert (die Obergrenze kann von den Kantonen erhöht werden). Das reicht in der Regel nicht für die Deckung der vollen Miete nebst den anderen Fixkosten. Schon gar nicht bei Unternehmen mit mehreren Betriebsstandorten, denen die Härtefallhilfe nur einmal zugesprochen werden soll. Das ist gerade ein Tropfen auf den heissen Stein.
Härtefallhilfe – First come first serve
Härtefallgesuche sind so rasch wie möglich einzureichen. Denn sie werden in mehreren Kantonen in der Reihenfolge des Eingangs behandelt. Es gilt also das Prinzip: first come first serve. Wenn der aktuell zur Verfügung stehende Auszahlungstopf geleert ist, gibt es keine Auszahlungen mehr. Man muss dann darauf warten, dass die Politik zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt.
Staatliche Mietzinshilfen
Mehrere Kantone und Gemeinden bieten Mietzinshilfen im zweiten Lockdown an. Erkundigen Sie sich am Steuersitz Ihres Betriebes, es ist vieles im Fluss. Erforderlich ist das Entgegenkommen des Vermieters mit einer Reduktion des Mietzinses. Basel Stadt zahlt dem Vermieter 1/3 der Miete, höchstens 6’700 Franken/Monat, vorausgesetzt der Vermieter erlässt dem Mieter 2/3 der Miete. Das Drei-DrittelModell wendet auch die Stadt Zürich an mit einem Zuschuss von maximal 8’333 Franken/Monat. Die Stadt Bern übernimmt die Hälfte der vereinbarten Mietzinsreduktion, die mindestens 40% betragen muss, höchstens 3’500 Franken/Monat. Für die Miet-Hilfspakete sind jeweils begrenzte Budgets vorhanden, es gilt erneut «first come first serve». Ein Mieterlass von 60% im Lockdown, wie im gescheiterten Geschäftsmietegesetz vorgesehen, hätte die Immobilieneigentümer gesamthaft weniger als ein Prozent ihrer Jahreseinnahmen gekostet. Stattdessen finanziert ihnen nun der Steuerzahler die Rendite.
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