Verband der Geschäftsmieter
Belästigungen durch Baustellen – Ansprüche des Mieters?
Baustellen boomen. Eine Freude für Bauunternehmer, ein Ärger für die Umgebung. Denn wo gebaut wird, entstehen Immissionen. So nehmen denn auch Konflikte zwischen Geschäftsmietern und Eigentümer über die Folgen von Bauimmissionen laufend zu.
Baustellen verursachen Lärm, Staub und Schmutz und können den Zugang zum eigenen Mietobjekt und die Sicht auf Schaufenster versperren. Solche Beeinträchtigungen stellen Mängel an der Mietsache dar, weil dadurch die Tauglichkeit des Mietobjekts gestört und der Mieter in dessen Gebrauch eingeschränkt wird.
Anspruch auf Mietzinsreduktion
Bei Baustellen auf Nachbargrundstücken und auf öffentlichem Grund ist der Mieter berechtigt, vom Vermieter die Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen. Die fehlende Beeinflussbarkeit der Störung durch den Vermieter spielt für den Mietzinsherabsetzungsanspruch keine Rolle. Diese Forderung steht dem Mieter zu, ungeachtet, ob die Störungen des Mietobjekts vom Vermieter, von Nachbarn oder von der öffentlichen Hand verursacht werden.
Kein Schadenersatz vom Vermieter / keine Hinterlegung
Aufgrund der „Notwendigkeit“ von Baustellen und der fehlenden Vermeidbarkeit kann der Geschäftsmieter vom Vermieter weder Schadenersatz verlangen noch den Mietzins hinterlegen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Vermieter gegen Verstösse von Ruhezeiten und Sachbeschädigungen nichts unternimmt. Bei übermässigen, sehr starken Störungen kann der Mieter jedoch gegen den Bauherrn, also den Nachbarn oder die öffentliche Hand, vorgehen.
Umfang der Reduktion – Praxisbeispiele
Eine Sprachschule erhielt wegen Lärms von einer benachbarten Baustelle eine Reduktion von 25% (die Vorinstanz entschied noch auf 40%). Ein Brettertunnel, welcher die Sicht auf die Schaufenster eines Geschäfts versperrte, führte zu einer 20%-Reduktion. Baulärm, welcher von einer öffentlichen Wasserversorgung herrührte, hatte eine Herabsetzung von 25% zur Folge. Eine 10%-Reduktion gab es für leichte Renovationsarbeiten in der Nachbarliegenschaft. Jüngst erkannte das Bundesgericht bei einer Arztpraxis auf eine Herabsetzung von 37% während der Dauer des Bestehens einer Baustelle.
Der Herabsetzungsanspruch beginnt in jedem Fall erst ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Vermieter von der Immission erfahren hat. So lange die Immissionen andauern, besteht der Anspruch auf Herabsetzung fort.
Empfehlungen für Geschäftsmieter:
- Melden Sie dem Vermieter schriftlich (eingeschrieben) die Immissionen sofort nach deren Auftreten und führen Sie ein „Baustellentagebuch“ zum späteren Nachweis der tatsächlichen Störungen;
- Setzen Sie den Mietzins nicht eigenmächtig herab, sonst riskieren Sie eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Erheben Sie stattdessen eine Klage auf Herabsetzung des Mietzinses mit Rückforderungsanspruch.
Mit freundlichen Grüssen
Verband der Geschäftsmieter
Dr. Armin Zucker